Ein Mann zieht Bilanz

WAZ Logo Alpen. So, Theo Rous hat es wieder getan. Zum zweiten Mal. Und wie er in seinem neuen Buch, „Summa Summarum – Schwanengesänge eines Funktionärs“, sogleich als Versprechen vorweg nimmt, zum letzten Mal. Das darf doch nur eine Ente sein. Oder ein Versprecher. Oder beides. Zwar wird er im Dezember dieses Jahres 80 Jahre alt und hat einiges an medizinischen Eingriffen sehr gut überstanden, an denen Jüngere weitaus mehr zu knabbern haben. Doch dies erklärt weder, warum es bis heute keinen Eintrag bei Wikipedia zu Theo Rous gibt, noch, warum er meint, sein Buch so nennen zu müssen. Vermutlich hat er sich trotz aller Akribie, die man dem früheren Studiendirektor nachsagt, irgendwie im Titel vergriffen. Zumindest teilweise.
Theo Rous

 Griechisch, Latein und Sport

Wobei ihm gerade die griechische Mythologie bekannt sein dürfte. Denn Griechisch gehörte neben Latein und Sport zu seinen Studienfächern. Wunderschön gesungen, respektive geschrieben, stimmt, in Analogie zum sterbenden Schwan. Aber traurig? Wobei wir wieder bei der Ente wären. Traurig ist nur der, der Theo Rous nicht zu seiner eigenen Beerdigung als Grabredner engagieren kann, weil dessen Terminkalender immer so voll ist. Diese überlieferte Anekdote wird im Vorwort von Clemens Prokop erwähnt.
Im Gegensatz zu Prokop ist Rous der Ehrenpräsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Und wer Theo Rous auf dem Buchtitel mit gepackter Sporttasche im feschen Zwirn samt Hut auf der Treppe seines Hauses sitzen sieht, denkt eher an Monaco Franze als an einen alternden Schwan. Wobei Ersteres natürlich völlig abwegig ist, hat er doch schon die Goldene Hochzeit gefeiert. Letzteres übrigens auch. Traurig stimmt dieses Book on demand, wie es heute neudeutsch heißt, nun wirklich nicht.
Schon die erste Sammlung von Reden, Briefen und Aufsätzen, als Buch unter „Lachend die Wahrheit sagen“ veröffentlicht, hat Rous nicht nur innerhalb der Leichtathletik viele Fans beschert. Nun also „Rous, die Zweite“. Wieder gibt es Heiteres bis Wolkiges, Besinnliches, mal sind Feiertage der Anlass, mal ist es das Ableben von Weggefährten. Rous trifft in unnachahmlicher Art immer den richtigen Ton. Intelligent, humorvoll, authentisch, dazu mit der Lebensweisheit eines nicht mehr ganz jungen Zeitgenossen – diese Konstellation sucht ihres gleichen. Sogar von ihm kritisiert zu werden ist eine Auszeichnung. Wer sein Fett von Rous wegbekommt, muss deshalb nicht kochen.
Oder gerade deshalb. Denn manches wird dadurch erst richtig schmackhaft. Gleichermaßen für Betrachter wie Betroffene. Themen, die für viele sperrig oder gar tabu sind, liegen Rous besonders am Herzen. So wie Doping oder die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in seinem Verband. Und vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn nicht die eigene sportliche Karriere mit dem Abitur zu Ende gegangen wäre und das Engagement sich im Studium fortsetzte. Das Einzige, was dem Buch fehlt, ist die gleichzeitige persönliche Anwesenheit des an Ehrungen und Funktionen im Sport reichen Autors. Vielleicht schaffen demnächst Lesereisen durch die Republik oder eine DVD Abhilfe.
Vier Kinder und bis dato sechs Enkel sind unter seinen Fans. Das muss es nicht gewesen sein. Man darf sich schon auf die erste neue Rede oder den ersten neuen Brief freuen, der nicht im Buch enthalten ist. Denn ein leicht salziger Geschmack haftet den Schwanengesängen an. Der Geschmack nach Mehr…
Ralf Meutgens