Duisburg. Schüler, Eltern und Lehrer in Duisburg sind aufgerufen, ausfallende Unterrichtsstunden aufzulisten und der CDU-Landtagsfraktion zu melden. Schulleiter sind schockiert und kritisieren, dass reine Zahlen nicht die Hintergründe des Ausfalls berücksichtigen. Die Bildungsgewerkschaft GEW hingegen ist begeistert.
Duisburgs Lehrer und Schüler sollen Unterrichtsausfall der CDU per E-Mail melden
Schüler, Eltern und Lehrer können der CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag daher Fehlstunden unter der Email-Adresse ihr-hinweis@cdu-nrw-fraktion.de melden. „Die Aktion ist bereits gut abgelaufen“, sagt Vogt und betont: „Wir wollen nicht einzelne Schulen an den Pranger stellen. Wenn man aber nicht einmal weiß, ob Unterrichtsausfall an bestimmten Schulfächern oder gar Schulformen liegt, gerät jede Suche nach Lösungen zu einem Stochern im Nebel.“
Breite Ablehnung
Bei den Rektoren vieler Duisburger Schulen erntet Vogts Vorstoß allerdings breite Ablehnung. Gabriele Boden, Schulleiterin am Mercator-Gymnasium, findet „die Zahlensammlung per E-Mail erschreckend.“ Die Ursachen für Unterrichtsausfall seien vielschichtig. Nur im Zusammenhang machten Zahlen Sinn: „Stunden fallen auch wegen Fortbildung aus, weil die Schüler Prüfungen haben oder weil sie ein Praktikum machen“, sagt Boden, „das ist etwas ganz anderes als die Schüler früher nach Hause zu schicken, weil der Lehrer erkrankt ist.“
Ernst Wardemann, Rektor an der Gesamtschule Duisburg-Mitte, traut der Sammlung von Eindrücken bei der CDU ebenfalls nicht: „Manche Schulen kürzen einfach den Unterricht und haben dadurch Extra-Lehrer zur Vertretung zur Verfügung. Natürlich sind da die Fehlstunden geringer. Aber besser ist das auch nicht.“
Belastbare Zahlen zum Unterrichtsausfall in der Stadt gibt es längst: Fast jede Schule erhebt für sich das Vertretungsvolumen. Nur: Nach außen dringt von der Mangellage nichts. Norbert Müller von der Bildungsgewerkschaft GEW schätzt, dass in jeder Klasse eines Jahrgangs zwei Stunden pro Woche ausfallen.
Unzumutbar gefährliche Zustände
„Wir bräuchten eine Personalüberdeckung von vier Prozent, um krankeitsbedingten Ausfall ausgleichen zu können“, so Müller. Stattdessen herrschten zum Teil unzumutbar gefährliche Zustände: „Da müssen Lehrer eine Klasse unterrichten und parallel eine andere wegen Unterrichtsausfall beaufsichtigen. Wer haftet, wenn da mal was passiert?“ Er ist froh, dass das Thema durch die CDU-Aktion auf den Tisch kommt: „Das ist überfällig. Allerdings bedaure ich, dass die rot-grüne Koalition das Problem nicht an sich heranlässt und die CDU es nun aufgreift.“
Langfristig würde Müller es am liebsten sehen, wenn ein überparteiliches Elternbündnis die Situation überwacht: „Die Informationen sollten von keiner Seite zu politischen Zwecken genutzt werden können.“
Die CDU-Fraktion hat vergangenen Monat einen Antrag ins Landesparlament eingebracht, in dem die Regierung aufgefordert wird, „unverzüglich“ ein Instrument zu entwickeln, mit dem der Unterrichtsausfall an NRW-Schulen zuverlässig und allseits vergleichbar erhoben werden kann. SPD und Grüne haben den Antrag abgelehnt.
Jasmin Fischer
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Die Angst vor dem Vergleich
Kommentar
Es gibt Gründe, warum Ausfallstunden ein gut gehütetes Geheimnis bleiben. Eine nötige Analyse – nach Krankheit, Fortbild, nach Totalausfall oder Vertretung – kostet Zeit, sagen die Schulen, Zeit, die dem Unterricht fehlt. Plausibel in Zeiten moderner Computertechnik ist das Argument nicht.
Die wahre Sorge der Schulen ist eher die Angst vor dem Vergleich. Gibt es von der Politik Schelte, wenn Stunden für an sich lobenswerte Schulausflüge ausfallen? Werden Eltern ihre Kinder anderswo einschulen, wenn sie sehen, dass die Ausfallquote dort geringer ist?
Klüger wäre es jedoch, wenn die Schulen sich solidarisch erklären und die Gesamtzahl der Fehlstunden in Duisburg veröffentlichen würden. Denn: Personalnot plagt jede Schule. Wer beschämt schweigt, auch im NRW-Schulministerium, muss damit leben, dass andere aus dem Problem ihren eigenen, politischen Nutzen ziehen.