Die Entscheidung der Experten-Jury, das Mercator-Gymnasium ab dem kommenden Schuljahr zur Talentschule zur ernennen, ist wenige Tage alt. Die Freude ist nach wie vor groß, nun mehren sich innerhalb und außerhalb unserer Schule interessierte Fragen nach den Details.
So nahm sich Dr. Hermes (HE), seit dem 1. Februar unser kommissarischer Schulleiter, die Zeit, im Interview mit uns auf einige Fragen einzugehen.
Die Homepage-Gruppe
Was waren Ihre ersten Gedanken oder Gefühle, als Sie von der Auszeichnung als Talentschule erfuhren?
HE: Zuerst einmal ganz, ganz große Freude, zum einen, weil dies eine tolle Bestätigung unserer Arbeit hier ist, zum anderen, weil sich für unsere Schule dadurch große Chancen eröffnen, diese Arbeit weiter zu verbessern. Überrascht war ich auch – angesichts der zahlreichen und guten Konkurrenz. Dazu kamen großer Respekt, aber auch Lust auf die Herausforderung, viele Ideen und Pläne im Interesse aller unserer Schülerinnen und Schüler jetzt umsetzen zu können und zu müssen.
Warum, glauben Sie, sind wir ausgewählt worden?
HE: Wir erfüllen mit unserer bunten, mannigfaltigen Schülerschaft in einem nicht immer bildungsnahen Umfeld klar die Voraussetzungen, die der Jury wichtig waren. Wir arbeiten schon lange und erfolgreich daran, dass Herkunft und schulischer Erfolg nicht automatisch miteinander gekoppelt sind.
Zudem haben wir schon viele Fördermaßnahmen und Schwerpunkte im MINT-Bereich, auf die wir jetzt aufbauen können: für die Kleinen z.B. unser Forscher-Profil in der Erprobungsstufe, für die Mittelstufe die Fächerkombinationen „Mathematik-Informatik“ und „Experimentelle Naturwissenschaften – Umwelt und Technik“ als Angebot im WPII-Bereich. In der Oberstufe können unsere Schülerinnen und Schüler das MINT-Zertifikat erwerben und profitieren auch dank der Kooperation mit anderen Innenstadtschulen von einem breiten LK-Angebot u.a. in den MINT-Fächern.
Wir konnten in der Bewerbung offenbar gut unsere Stärken präsentieren. Wir haben allerdings auch sehr offen unsere Schwächen benannt, an denen wir arbeiten wollen, und so ein ehrliches, reelles Bild von uns gezeichnet: Ich spreche hier z.B. davon, unsere Schülerschaft noch stärker in den Bereichen Mathematik und Schriftsprache zu fördern.
Welche Vorteile können wir aus der Eigenschaft als Talentschule ziehen?
HE: Die ausgewählten Talentschulen erhalten mehr Lehrerstellen und mehr finanzielle Mittel für die Ausstattung. Gerade zusätzliche Lehrkräften bedeuten, dass Lerngruppen (Klassen, Kurse und AGs) mit einem zahlenmäßig besonders günstigen Lehrer-Schülerverhältnis arbeiten können, auch dass noch mehr thematisch einschlägige AGs eingerichtet werden können, und dass vor allem die einzelne Schülerin, der einzelne Schülern in den individuellen Stärken, Schwächen, Interessen und Bedürfnissen gefördert wird. Die Einstellung einer/eines eigenen Sozialarbeiters/Sozialarbeiterin würde es uns ermöglichen, uns noch intensiver als bisher um Schülerinnen und Schüler mit schulischen, persönlichen oder familiären Schwierigkeiten zu kümmern, aber auch noch mehr an der Stärkung des Miteinanders, etwa der jeweiligen Klassengemeinschaft, zu arbeiten.
Dass zusätzliches Geld für die Verbesserung der baulichen Gegebenheiten und die Ausstattung mit Unterrichtsmaterialien eine große Chance darstellt, braucht ja nicht extra betont zu werden. Je nach zur Verfügung gestellten Mitteln sind für die nächsten Jahre z.B. konkret angedacht: Schülertablets in Klassensätzen, Ausbau des flächendeckenden W-LANs, Beamer und PCs in jedem Klassenraum, VEX-Roboterbausätze, Arduino-Platinenbausätze und zusätzliche Schüler- und Lehrer-Mikroskope.
Wie geht es denn jetzt weiter? Was kommt als erstes?
HE: Der Schulversuch startet mit Beginn des nächsten Schuljahres. Bis dahin werden wir erfahren, wann welche und wie viele Mittel uns tatsächlich erreichen werden. Wir haben also Zeit, unsere Ideen und Vorstellungen auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen, sie nach ihrer Bedeutung und Dringlichkeit in eine Reihenfolge zu bringen und so als Lehrer-, Schüler- und Elternschaft gemeinsam an der Weiterentwicklung des Mercator-Gymnasiums zu planen und zu arbeiten. Die ersten Neuerungen können sicher schon zum neuen Schuljahr beginnen.
Werden wir jetzt zu einer reinen MINT-Schule?
HE: Auf keinen Fall! Wir verbreitern, verstärken und ergänzen unsere Einrichtungen und Maßnahmen in diesem Bereich, da wir diese „Fördersäule“ (das ist ein Ausdruck des Talent-Modellprojekts) gewählt haben. Unsere anderen Schwerpunkte bleiben aber vollständig erhalten und profitieren dort, wo es um die Förderung des Individuums geht, auch von den neuen Möglichkeiten:
Unser von jeher bestehender künstlerisch-kreativer Schwerpunkt hat es uns sehr schwer gemacht, eine Entscheidung zwischen den Fördersäulen „MINT“ und „Kultur“ des Schulversuchs zu treffen. Ich erinnere da nur an das Kreativprofil der Klasse 5 und 6, die Musical- und Instrumenten-AGs, das WP2-Fach „Kunst-Deutsch“, und den Kunst-LK.
Nicht zu vergessen unser sportlicher Fokus: Das Sportprofil in der Erprobungsstufe, den – längst nicht an jeder Schule – ungekürzt in allen Jahrgangsstufen erteilten Sportunterricht, unsere Arbeitsgemeinschaften von Fußball bis Capoeira, und den Sport-LK der Qualifikationsphase. Das alles wird bleiben, wir freuen uns auf viele Dinge, die dazu treten werden.
Herr Dr. Hermes, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihrem Team frohes Schaffen!